Wie ist es, das zweitgrößte Volksfest Deutschlands direkt vor der Tür zu haben? Karalus‘ wissen es. Die Inhaber eines Lottogeschäfts im Herzen von Werder (Havel) erleben das sonst eher beschauliche Städtchen jedes Jahr wieder für drei Wochen im Ausnahmezustand. Was das für das Geschäft bedeutet, darüber habe ich mit Marita Karalus gesprochen.
„Ein kleines märkisches Inselstädtchen umspült von den bald aufgeregten, bald spiegelglatten Wassern der seenartig verbreiterten Havel, umsäumt von einem Hügelkranz bewaldeter Höhen, über die zweimal im Jahr der Schnee fällt; im Winter das Geriesel Frau Holles; im Frühjahr der weiße, weiche Flaum zur Erde getragener Blütenträume.“
Märkischer Heimatführer, 1937
Und diese Werderschen Blütenträume verzücken zur Zeit bereits zum 138. Mal beim Baumblütenfest die Einwohner und Besucher der Havelstadt.
Lottogeschäft: Mitten drin, statt nur dabei
Mitten drin im Trubel von obstweintrinkenden Passanten befindet sich das Lottogeschäft von Matthias Karalus. Er führt das Familienunternehmen bereits in vierter Generation, am jetzigen Standort in der Straße „Unter den Linden“ seit 2013. Ihren ersten Laden betrieb die Familie schon ab 1906 in Glindow (Ortsteil von Werder). Im Laufe der Zeit kamen weitere Geschäfte hinzu, bis alle Dienstleistungen in einem großen Shop gebündelt wurden. Hier finden die Kunden wirklich alles. Sie können Lotto spielen, Handyverträge abschließen oder T-Shirts bedrucken lassen.
Während ich mich im Laden umschaue, kommt Marita Karalus auf mich zu, mit der ich mich zum Interview verabredet habe. Sie ist die Mutter des Inhabers und hat viel zu erzählen.
Was mögen Sie am Baumblütenfest?
Marita Karalus: Ich freue mich immer besonders auf den Festumzug mit tollen Kostümen am Eröffnungstag und auf das Abschlussfeuerwerk. Ansonsten mag ich es persönlich etwas ruhiger und trinke den Obstwein gern in kleineren Obstgärten, die überall in der Stadt verteilt sind. Für die Enkelkinder ist natürlich der Rummel das Highlight. Hier fährt mein Mann gern mit unserer Enkeltochter Riesenrad. Von dort oben hat man einen hervorragenden Blick auf die Stadt.
Welche Weinsorten trinken Sie am liebsten?
Marita Karalus: Schwarze Johannisbeere und Himbeere.
Was heißt es, eine LVS direkt im Trubel zu haben?
Marita Karalus: Vor allem nicht mehr mit dem Auto zur Arbeit fahren zu können. Die Straße vor unserem Geschäft ist ja für den Verkehr gesperrt. So haben es natürlich auch unsere Kunden schwerer und müssen ihre Anreise anders planen. Außerdem müssen wir bei schlechtem Wetter auf Andrang im Geschäft vorbereitet sein, wenn die Leute bei Regen Unterschlupf suchen.
Welche Besonderheiten gibts in diesem Jahr?
Marita Karalus: Ich bin in diesem Jahr darauf gespannt, wie unser Auszubildender aus Afghanistan sein erstes Baumblütenfest erlebt. Er war bei uns erst Praktikant und lernt nun den Beruf des Verkäufers. Er kann schon sehr gut deutsch sprechen und ist in der Berufsschule sogar Klassensprecher.
Danke, Marita Karalus für das Interview!
Das Baumblütenfest läuft noch bis 7. Mai. Aber Achtung: Den Werderschen Wein immer nur in Maßen genießen! Er hat einen Alkoholgehalt von bis zu 10 Prozent und inspirierte den Werdersänger zu seinem bekanntesten Lied.
„Werderscher Wein,macht Dir die Rübe müde, geht gleich ins Bein,macht mir die Augen trübe, bist Du auch schön,ich kann nichts mehr seh’n, Du musst verzeih’n,Du schläfst allein ein.“Karsten Perenz, auch bekannt als Werdersänger