Die Sportvereine in Brandenburg haben unter der Eindämmungsverordnung durch Corona extrem gelitten. Doch wie genau muss man sich die Arbeit eines Sportvereins in dieser Zeit vorstellen? Wir haben beim SV Babelsberg 03, Energie Cottbus, dem UJKC Potsdam und Co. nachgefragt!
Unsere Partnervereine mussten viele Maßnahmen treffen, die verschiedene Auswirkungen auf die Vereinsarbeit hatten. Doch neben allen Hürden gibt es auch positive Entwicklungen zu berichten. Außerdem werfen wir einen Blick in die Zukunft und erfahren, welchen besonderen Stellenwert das Ehrenamt in dieser schwierigen Zeit hat.
Einschränkungen in vielen Arbeitsbereichen neuer Alltag
Im Grunde haben alle Vereine mit Einschränkungen im gesamten (täglichen) Trainings- und Wettbewerbsbereich zu kämpfen. Veranstaltungen und Wettkämpfe wurden abgesagt oder verschoben, Bildungsmaßnahmen nicht durchgeführt.
„Grundsätzlich ist das ganze Tagesgeschäft betroffen“, sagt Stefan Scharfenberg-Hecht, Pressesprecher vom FC Energie Cottbus, „ob im Ticketing, der medialen Begleitung oder dem Sportlichen an sich. Alles fiel von jetzt auf gleich weg.“
Noch klarer drückt es Dirk Meyer, Vorsitzender des KSC ASAHI Spremberg e.V., aus: „Unsere Sportart wurde quasi über Nacht gelöscht! Judo ohne Anfassen ist nicht möglich.“
Finanzielle und strukturelle Probleme aufgrund der Eindämmungsmaßnahmen
„Durch das Aussetzen der Einnahmen aus Heimspielen, des Spielbetriebs in der Regionalliga Nordost und der Sperrung des Karl-Liebknecht-Stadions für den Sportbetrieb sieht sich der SV Babelsberg 03 mit einem Delta in sechsstelliger Höhe konfrontiert“, beklagt Johannes Lau, der im Verein für Vertrieb und Sponsoring zuständig ist.
Seit Mitte März befinden sich die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle und die Regionalligamannschaft in Kurzarbeit, gleiches gilt für das Geschäftsstellenteam vom Märkischen Turnerbund (MTB) und bei Energie Cottbus. Stefan Scharfenberg-Hecht von Energie Cottbus erklärt: „Der Laden wurde insgesamt bestmöglich am Laufen gehalten. Fehlende Zuschauereinnahmen aus fünf nicht stattgefundenen Heimspielen treffen den Club natürlich schwer.“
Dirk Meyer vom KSC Asahi ergänzt: „10 Wochen fand kein Training statt – Honorartrainer wurden auf Null gesetzt“. Außerdem fehlen dem Verein für das Jahr 2020 rund 15.000 Euro Werbeeinnahmen.
Etwas positiver sah es da beim UJKC aus: „Durch die besonderen Anstellungsverhältnisse (Lehrer-Trainer, Olympiastützpunkt-Trainer) hatten wir zumindest finanziell keine Einbußen“, berichtet Knut Radowksy, der die Medienarbeit des Vereins betreut. „Dennoch kam es beim Kindertraining dazu, dass Eltern die Beitragszahlungen ausgesetzt oder auch Verträge gekündigt haben.“
Generell fehlten die Ticketeinnahmen für die laufende Saison, so auch bei den Netzhoppers. Zudem verlaufe die Akquise und Neuakquise von Sponsoren schlecht. „Sponsorenzusagen für die nächste Saison kommen nur zögerlich“, so Geschäftsstellenassistentin Britta Wersinger. Die Organisation wurde strukturell umgebaut, um den Mehraufwand durch Corona abzufangen, was erhöhte Kosten nach sich zog. „Die Finanzierungsmöglichkeiten für den Sport sind unzureichend“, so Wersinger, „Es gibt keine ausreichend belastbaren Aussagen aus Politik und Sponsoringbereich.“
Lotto Brandenburg sichert Unterstützung weiter zu
Bei Lotto Brandenburg haben wir überlegt entschieden, die Verträge mit den Sportpartnern für die nächste Saison zu verlängern bzw. laufende Verträge beizubehalten. Um das Defizit an werberelevanter Aufmerksamkeit auszugleichen, entstanden alternative Ideen. So kommunizieren die Vereine ihre Partnerschaft mit uns intensiver auf ihren sozialen Kanälen oder planen Maßnahmen zur Kommunikation der gemeinsamen Kooperation in den nächsten Saisons.
Wir verstehen uns als Förderer des Breitensports im Land und zeigt Verständnis für die Situation der Vereine. „Im gemeinsamen Austausch gab es viele gute Impulse, die optimistisch in die Zukunft blicken lassen“, so Pressesprecherin Antje Edelmann.
Clevere Ideen in der Krise
„Um in Kontakt zu bleiben, haben wir frühzeitig und in kurzen Abständen Videokonferenzen innerhalb unseres Präsidiums durchgeführt“, erklärt Katrin Fuhrmeister vom MTB. „Dies werden wir auch weiterhin beibehalten, da wir die Erfahrung gemacht haben, dass sich Abstimmungen und Sitzungen so wunderbar durchführen lassen.“
Auch der SV Babelsberg 03 hatte im April eine tolle Maßnahme ins Leben gerufen: Eine Spendenaktion des virtuellen Saisonfinales, bei der innerhalb von zwei Monaten durch Soli-Verkäufe von Fanshop-Artikeln mehr als 70.000 Euro eingenommen wurden! „Damit haben unsere Fans und Mitglieder mal wieder bewiesen, wie sehr sie zu unserem Verein stehen“, so Johannes Lau. So hat der Lockdown auch die Sportfamilie stärker zusammengeschweißt.
Training neu denken
Not macht bekanntlich erfinderisch. Das betrifft in der Krise vor allem die Art und Weise, wie unsere Partnervereine ihre Trainings absolvieren.
Mitte Mai hatte der SV Babelsberg 03 den kontaktlosen Trainingsbetrieb in Kleingruppen wiederaufgenommen. Das Konzept gehe dabei sogar noch über die gesetzlichen Vorschriften hinaus, heißt es seitens des Vereins: „Frühestens 10 Minuten vor Trainingsbeginn treffen sich die Spielenden am Stadion und der Sandscholle. Hierfür wurden Stationen im Eingangsbereich eingerichtet, welche mit großzügigem Abstand zueinander aufgebaut sind. Umkleiden und Duschen sind gesperrt, auf Rituale und gewohnte Gesten wird verzichtet“, berichtet Johannes Lau. Britta Wersinger von den Netzhoppers ergänzt: „Viele Ehrenamtler springen ein, kaufen Flüssigseife und Einmalhandtücher, desinfizieren die Bälle, unterweisen die Kinder- und Jugendspiele.“
„Bei Energie Cottbus befinden sich alle Spieler bereits ‚im Sommerurlaub’“, so Stefan Scharfenberg-Hecht, der hoffnungsvoll ist, dass die Vorbereitung für die neue Saison wieder als echtes Mannschaftstraining starten kann.
Und wie ist das in der Vollkontaktsportart Judo? „Langsam gehen unseren Trainern die Übungen aus“, berichtet Dirk Meyer vom KSC ASAHI in Spremberg. „Die Kinder im Judo bei Laune zu halten ist sehr problematisch. Es fühlt sich an wie schwimmen ohne Wasser.“ Der UJKC hat ein Konzept entwickelt, bei dem vier Trainingsbereiche getrennt wurden, in denen vier Kleingruppen trainieren, dies jedoch ohne körperlichen Kontakt.
Besser gelingt das Training bei den Vereinen des Turnerbunds, da die einzelnen Disziplinen sehr unterschiedlich sind – vom Spielmannswesen über Gymnastik bis zum Trampolin. „Gemeinsam mit unserem Spitzenverband haben wir Hygieneregelungen aufgestellt, die sich auf die einzelnen Bereiche beziehen“, erklärt Katrin Fuhrmeister vom MTB. „Schwierig ist es im Kinderturnen, da hier die Abstands- und Hygieneregeln schwer umzusetzen sind.“
Sportevents und Wettbewerbe nachholen?
In manchen Sportarten sind spätere Umsetzungen nach Corona denkbar. Etwa beim Volleyball: Nachdem der Ligaspielbetrieb komplett ohne Nachholoption ausfiel, können einzelne Events wie der traditionelle A+ Beach Cup der Netzhoppers voraussichtlich im Sommer nachgeholt werden. Langfristig geplante Sponsoren- und Mitgliederevents zählen auch zum Saisonbetrieb, etwa bei Babelsberg 03 – auch diese sollen nach Möglichkeit später stattfinden.
Der Deutsche Judo Bund hat eine weitere Möglichkeit zur Umsetzung der laufenden Saison ins Leben gerufen: Die Umsetzung an nur einem einzigen Wochenende im Rahmen eines Turniers, das für Oktober oder November geplant ist. „Dort werden dann die vier Finalteilnehmer ermittelt, die in einem separaten Final-Four-Turnier den Deutschen Meister küren“, so Knut Radowsky vom Potsdamer UJKC.
Bedeutung des Ehrenamts in der Krise
Wir fragten die Vereine auch danach, welche Rolle das Ehrenamt in der Krise spielt oder ob einzelne Personen während des Lockdowns einen besonderen Beitrag leisten. Viele ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder mussten sich als Laien plötzlich mit Hygienekonzepten und allen anderen Regelungen auseinandersetzen. „Wesentlich unter den Corona-Bedingungen war es für uns, in Verantwortung für unsere Mitarbeiter die Bedingungen so zu gestalten, dass weder deren Existenz noch die des Vereins bedroht wird – und das war die gewaltigste Aufgabe unserer Vereinsgeschichte“, berichtet Britta Wersinger von den Netzhoppers.
Auch viele Einzelpersonen machen sich in den Vereinen verdient. Etwa wenn es darum geht, den Bundesliga-Alltag trotz ausbleibender Spiele lebendig zu halten. KSC-Vorsitzender Dirk Meyer: „Meik Blaufelder und Florian Kadach versuchen mit Live-Übertragungen, Videobeiträgen und Fotocollagen Teams, Fans und Sponsoren mit Spremberger Judokost zu versorgen und bei Laune zu halten!“
Der UJKC betont hierbei die Leistungen von Trainer Malte Geppert, der in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt das Gesundheitskonzept für den Verein erarbeitete, „das zumindest einen geregelten Trainingsalltag sicherte“, so Knut Radowsky.
Generell sei ein Verein ohne Ehrenamt undenkbar, sagt Johannes Lau von Babelsberg 03. „Dafür möchten wir uns bedanken, denn auch in schwierigen Zeiten gilt: Nulldrei bleibt Nulldrei und Nulldrei bleibt Familie!“
Sportsympathiegewinner
Auch 2020 wird Lotto Brandenburg zusammen mit dem Landessportbund Brandenburg wieder die „Sportsympathiegewinner“ auszeichnen, der Preis für das Ehrenamt im Sport – wir freuen uns jetzt schon auf die Nominierungen aus den Vereinen. Dieses Jahr ist ein wahrer Kraftakt für alle Sportvereine, aber es ist auch von Zusammenhalt und Teamgeist gekennzeichnet, sodass wir jetzt schon mit großer Freude auf die neuen Preisträger blicken.